Erst gestern habe ich in einer Modezeitschrift gelesen, Karl Lagerfeld entwerfe pro Jahr 17 Kollektionen, die bekanntesten davon sind wohl die für Chanel, Fendi und für seine eigene Linie Karl Lagerfeld.
Da ich mich für Mode und Modedesign interessiere, habe ich natürlich inzwischen einiges über Lagerfeld gehört, gelesen, gesehen... daher haben wir die Ausstellung ohne Führung besucht. Da auch mein Freund/Fotograf sehr kunstinteressiert und auch kunstverständig ist, haben wir die ausgestellten Stücke einfach auf uns Wirken lassen.
Den Anfang der Ausstellung macht der berühmte Mantel, für den Lagerfeld 1954 den Preis des Internationalen Wollsekretariats (Woolmark Prize) gewann.
Foto: David Ertl, 2015, © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Ich finde diesen Mantel faszinierend: die Knopfleiste und die Taschen sind klassisch, der Ausschnitt mit Gürtelschnalle muss in den 50er Jahren sehr modern gewirkt haben. Aber auch heute noch wirkt dieser Mantel auf mich (entschuldigt dieses antiquierte Wort) pfiffig. Welch ein Geniestreich den Gürtel aus der Taille einfach in den Ausschnitt zu verlegen?!
Die Auszeichnung für den Mantel war dementsprechend auch Lagerfelds Eintrittskarte in die Modewelt: er bekam eine Stelle bei Balmain. Dies ist übrigens nicht der originale Mantel von 1954, sondern es ist ein nachgeschneidertes Modell von Deborah Milner aus dem Jahr 2015.
Folgt man der Straße des Lagerfeldschen Modelebens weiter (denn als solche ist die Ausstellung gestaltet), springen dem Besucher seine farbenfrohen Entwürfe für Fendi entgegen.
Courtesy Fendi Archives, Fotos: David Ertl, 2015, © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Der Pelzmantel mit gelben Ärmeln und grün-grauen Vorderteilen und der braune Mantel mit cremefarbenen und blauen Quadraten sind meine Favoriten. Hier ist deutlich zu erkennen, was Lagerfeld mit "Fun Fur" (frei übersetzt vielleicht soviel wie "lustiger/spaßiger Pelz") meinte und dies spiegelt auch meine Meinung über Mode wieder: Mode muss Spaß machen (für mich allerdings dann lieber ohne echten Pelz).
Die Ausstellung zeigt neben Lagerfelds Kreationen für Fendi, Chloe und seine eigene Kollektion natürlich auch Stücke, die er für Chanel entworfen hat. Betrachtet man die Kreationen eine Weile wird deutlich, dass Lagerfeld mit jeder neuen Kollektion die Kastenjacke neu interpretiert und dem jeweiligen Zeitgeist anpasst. Dabei bin ich mir gar nicht so sicher, ob Lagerfeld den herrschenden Zeitgeist aufgreift oder ihm mit jeder neuen Kollektion selbst neues Leben einhaucht. Denn immerhin beeinflussen die Lagerfeldschen Kollektionen weitere Modelabels und letzendlich auch die massentauglichen Modeketten (Ich erinnere mich da z.B. an die von Chanel gezeigten
Taschen in Milchtüten-Form, die schließlich auch bei Asos (
hier und
hier) und anderen Modeketten zu kaufen waren).
Chanel Haute Couture, Chanel Collection, Fotos: David Ertl, 2015, © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Am liebsten hätte ich jedes dieser Chanel Haute Couture Stücke angefasst und genau analysiert, wie es genäht wurde. Wie wurde der Schnitt entworfen? Wie ist die Nahtführung? Wie wurden die Bouclé-Stoffe versäubert? Wie wurden die unzähligen Schmucksteinchen, Borten und Spitzen aufgenäht? All diese und noch mehr Fragen schwirrten mir im Kopf.
In jeden einzelnen Stück stecken so viele Details, die man (leider nur mit den Augen) erkunden kann. Wirklich hohe Schneiderkunst!
Der Abschluss und auch sicherlich der Höhepunkt der Ausstellung, ist der letzte Ausstellungsraum... ich möchte ihn Ballsaal nennen. Man betritt den Raum durch einen Bogen aus cremefarbenen Blüten, die die ganze Decke einhüllen, erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass es sich um bearbeitete Blätter des von Lagerfeld so geschätzten Gmunder Papiers handeln. Ein magischer Raum voller Chanel Haute Couture.
Chanel Haute Couture, Chanel Collection, Fotos: David Ertl, 2015, © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Die Ausstellung zeigt zwar nur einen kleinen Ausschnitt der über 60 Jahre, die Karl Lagerfeld bereits in der Modewelt lebt/arbeitet, gewährt aber eine beeindruckende Einsicht in die Modemethode des Meisters.
Falls Ihr die Gelegenheit habt, empfehle ich Euch diese Ausstellung unbedingt zu besuchen. Ich war beeindruckt, überwältigt und inspiriert zugleich!
So berauscht habe ich mich selbst an meine (kleine und bescheidene) Herbstkollektion gemacht und freue mich schon, Euch meine selbst genähten (teilweise von Lagerfeld inspirierten) Kleidungsstücke zu zeigen.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei der Bundeskunsthalle für die Pressefotos.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 13. September in der
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Museumsmeile Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn